Fünf gewinnt: Das ABCD des Weltmarktoligopols
Mittlerweile gibt es nur noch eine Handvoll Konzerne, die die Weltmärkte dominieren. Zu diesem Ergebnis kommt der “Agropoly- Bericht” der NGOs Miserior, Forum Umwelt und Entwicklung und der Schweizer Verein “Erklärung von Bern”. Sie haben genau untersucht, wer eigentlich hinter Futtermitteln, Saatgut, Pestiziden sowie der Produktion, Verarbeitung und dem Handel mit Agrarprodukten steht.
Dass nur noch so wenige Unternehmen an der Spitze stehen, ist auch die Folge zahlreicher Übernahmen. Immer häufiger hört man von Mega-Fusionen, wie etwa Bayer und Monsanto. Saatgutunternehmen wie die deutschen Konzerne Bayer, KWS und BASF haben zwischen 1996 und 2008 über 200 Unternehmen aufgekauft oder sich an ihnen beteiligt.
Der noch aktuellere Konzernatlas der Heinrich-Böll-Stiftung zeichnet ein noch drastischeres Bild. Demnach beherrschen gerade einmal fünf Konzerne, was bei uns auf dem Teller landet: Die US-Konzerne Archer Daniels Midland, Bunge und Cargill sowie die Louis Dreyfus Company aus den Niederlanden. Gemeinsam sind sie als „ABCD-Gruppe“ bekannt. Alle vier wurden zwischen 1818 und 1902 gegründet, und abgesehen von Archer Daniels Midland, stehen sie bis heute unter dem Einfluss ihrer Gründerfamilien. Neben den vier westlichen Firmen ist mit Cofco seit neuestem auch ein chinesischer Staatsbetrieb unter den Tophändlern mit landwirtschaftlichen Produkten.
Die ganze Lieferkette aus einer Hand
Auch wenn die Werbung uns etwas anderes glauben machen will, die Praxis weltweit agierender Konzerne ist oft weit entfernt von traditionellem Handwerk, kleinbäuerlicher Landwirtschaft und glücklichen Arbeitnehmer*innen. Auch wenn die ABCD-Konzerne ihre Vormachtstellung über den Handel mit Agrarrohstoffen erreicht haben, die Weiterverarbeitung und Produktion von Lebensmitteln rückt immer mehr in Fokus der Firmen. Sie verfügen über eigene Hochseeschiffe, Häfen, Eisenbahnen, Raffinerien, Silos, Ölmühlen und Fabriken, so dass sie ihre Gewinne mit keinem anderen Marktteilnehmer teilen müssen. Die ABCD-Konzerne sind also schon lange nicht mehr nur Teil der Wertschöpfungskette, sondern die Kette selbst.
Das Oligopol ist eine Marktform bei der viele Nachfrager auf wenige Anbieter treffen. Diese immense Marktmacht ermöglicht es jenen, die Teil des Oligopols sind, Preise, Geschäftsbedingungen und zunehmend auch die politischen Rahmenbedingungen zu diktieren.
Eine Kartellbildung ist die Folge. Die Wettbewerksbehörden sollten angesichts der hochkonzentrierten Märkte schon lange in Alarmbereitschaft sein. Doch eine Reform des Wettbewerbsrechts lässt weiter auf sich warten. Stattdessen werden die Interessen großer Konzerne weiter gewahrt und ihr Einfluss auf die Politik wird immer stärker. Bei Verhandlungen über Nahrungsmittelstandards, Zulassungen von Pestiziden und Gentechsaatgut oder Handelsabkommen sitzen Konzernvertreter*innen mit am Verhandlungstisch und können ihre Interessen oft durchsetzen. So werden verbindliche Regeln für Unternehmen, die Menschen- und Arbeitsrechte einzuhalten, immer wieder torpediert. Ein ganz aktuelles Beispiel ist das Lieferkettengesetz.
Entwicklungshemmnis Weltmarkt
Die Spitzenreiter des Weltmarkts sind bestens informiert über ihre Anbaugebiete. Experten analysieren täglich die Entwicklung von Ernten, Preisen, Währungsschwankungen, Wetterdaten und politischen Konflikten. Mit Tochterunternehmen sichern sich die Megakonzerne ihren Handel mit Agrarrohstoffen gegen Preisrisiken ab und machen durch Lebensmittelspekulationen selbst bei sinkenden Weltmarktpreisen hohe Gewinne.
Gleichzeitig klafft die Schere am Anteil an Verkaufserlösen immer weiter auseinander - zu Lasten der schwächsten Glieder in der Lieferkette: Während Bäuer*innen und Arbeitnehmer*innen, häufig im globalen Süden, für einen Hungerlohn und ohne Rechte schuften, landet der Großteil an Verkaufserlösen bei den Riesenkonzernen. Die globale Ungleichheit nimmt damit immer mehr zu. Durch ihre Marktmarkt können die großen Konzerne ihre Interessen und Normen besonders gut durchsetzen, während ökologische und soziale Werte wie Menschenrechte, Arbeitnehmer*innenrechte, Klima- und Umweltschutz immer mehr auf der Strecke bleiben.
Schuld daran ist vor allem der Preisdruck, denn bei der Landwirtschaft steht einzig eine Steigerung der Produktivität im Mittelpunkt. Das fördert nicht nur schlechte Arbeitsbedingungen und Armut, sondern auch eine industrielle Landwirtschaft, die gravierende Klima- und Umweltprobleme nach sich zieht.
David gegen Goliath: Social Businesses gegen das Oligopol
Aber es tut sich was, ausgerechnet auf Seite der Wirtschaft: Immer mehr Unternehmen haben es sich zur Mission gemacht, entlang der Wertschöpfungskette wieder Vielfalt zu schaffen und die Wertschöpfung in Anbauländer zurückzubringen. Das ist heute wichtiger denn je, denn der Trend zur Machtkonzentration steigt. Vor allem die zunehmende Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln weltweit führt dazu, dass immer weniger Konzerne die gesamte Ernährungsindustrie unter sich aufteilen.
Wo die Entwicklungspolitik mit zeitlich begrenzten Projekten und Entwicklungshelfer*innen, die früher oder später das Land wieder verlassen, machtlos erscheint, haben Social Businesses eine reelle Chance auf einen Kurswechsel. Die innovativen Start-ups handeln aus wirtschaftlichem Interesse und schaffen es so, nachhaltig Wirtschaftsstrukturen vor Ort aufzubauen. Gleichzeitig sind sie aber nicht auf Profitmaximierung aus. Was für sie zählt, ist der Impact. So vereinen sie praktisch das Beste aus beiden Welten - Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit. Und sie sind das beste Mittel gegen das Oligopol. So vereinen sie praktisch das Beste aus beiden Welten - Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.