Bild: © Initiative Togo Action Plus
Was ist eure Hintergrundgeschichte - wie kam es zur Vereinsgründung?
Das heutige Vorstandsmitglied Komi Edzro gründete gemeinsam mit anderen Geflüchteten die Initiative im Jahr 2004. Anlass waren nicht nur die gravierend schlechten hygienischen Verhältnisse im Lager Hohenturm bei Halle oder die diskriminierende Behandlung von den dortigen Beschäftigten, sondern allen voran der tragische Selbstmord eines togolesischen Mitbewohners, der sich Aufgrund der rassistischen Zustände erhängt hatte. Im Jahr 2010 wurde dann die Entscheidung getroffen, die Initiative strukturell stärker zu verankern, weshalb sie in einen gemeinnützigen Verein überführt wurde. Die Arbeitsgebiete des Vereins sind sehr vielfältig. Zentral ist und bleibt die Arbeit gegen den in Deutschland tief verankerten Rassismus und die Aufarbeitung der Folgen durch die Kolonialverbrechen Deutschlands, sowie die neokoloniale Gegenwart.
Die Entstehungsgeschichte des Namens geht zu einen auf die Herkunft der Gründer*innen zurück und soll unserem gemeinsamen Freund aus „Togo“ gedenken. „Action“ steht für die Kontinuität in unserer aktivistischen Haltung mit Bezug auf die oben genannten Themen und das „Plus“ soll ausdrücken, dass wir einerseits eine kleinere Initiative sind und somit oftmals als Ergänzung zu Strukturen von größeren Organisationen fungieren und dass wir andererseits mit jeder Person, die wir erreichen und die wir unterstützen, eine positive Wirkung im Kampf gegen Rassismus erzielen.
Unsere Arbeit hat immer zum Ziel politisch, rassistisch und religiös Verfolgte und Geflüchtete zu unterstützen. Sie richtet sich gegen Alltagsrassismus, gegen die AfD und andere rechtsradikale Organisationen. Und ihr liegt immer eine Kritik an neokoloniale Strukturen zu Grunde.
Wie setzt ihr euch konkret gegen Rassismus, neokoloniale Strukturen und für Geflüchtete ein?
Seit 2012 findet in unseren Räumen in Berlin-Friedrichshain die Umsetzung des Projektes „Deutschkurse für Geflüchtete und Migrant*innen“ statt. Wir richten uns damit an all die Menschen, die keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu Deutschkursen haben.
Unser Ziel ist die Integration durch das Erlernen der deutschen Sprache zu fördern, damit Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrungen die Chance haben, sich zu bilden, zu studieren und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Außerdem wollen wir sie darin empowern, ihre Möglichkeiten der Partizipation und Teilhabe zu erkennen und zu verfolgen und sie damit in ihrer persönlichen und politischen Selbstbestimmung zu unterstützen. Auch außerhalb der Kurse ist es uns wichtig emotionale Unterstützung und Beratung zu Asylrecht und für die Bewältigung von Alltagssituationen anzubieten. Zum Beispiel unterstützen wir Kursteilnehmer*innen auf der Suche nach einer Arbeit und/oder einer Wohnung oder begleiten sie zu wichtigen Terminen.
Unsere ehrenamtlichen Kursleiter*innen unterstützen wir in ihrer Tätigkeit und vermitteln ihnen parallel dazu nützliche didaktische und kommunikative Kompetenzen. Wichtig dafür ist auch die Sensibilisierung unserer Kursleiter*innen zu Themen wie Rassismus, Flucht und Migration, da es oftmals an Reflektion und Wissen seitens der Lehrkräfte fehlt. Dafür veranstalten wir regelmäßig unterschiedliche Weiterbildungsmöglichkeiten in Form von verschiedenen Workshops, Infoveranstaltungen und Themenabenden.
Wo seht ihr die größten Herausforderungen für eure Arbeit?
Mit den pandemiebedingten Einstellungen des Schulbetriebs, ist es für uns nur sehr vereinzelt möglich unsere Arbeit fortzusetzen. Zum einem mussten wir unseren Unterricht (als Schulen zeitweise geöffnet hatten) mit weniger Teilnehmer*innen durchführen. Zum anderen haben viele Kursteilnehmer*innen zu ihrem eigenen Schutz entschieden erst in den folgenden Semestern den Unterricht wiederaufzunehmen. Die meisten von ihnen verfügen oftmals nicht über die Ressourcen, unseren Unterricht online weiterzuführen.
In der Nachbarschaft gibt es eine breite Akzeptanz und viele positive Rückmeldung zu unserer Arbeit, gleichzeitig haben wir es aber auch immer wieder mit Diffamierungen, Vandalismus und Angriffen gegenüber unserem Verein zu tun. Dies ist in der Vergangenheit bspw. auf Kundgebungen passiert oder in Form von rassistischen Botschaften in unserem Briefkasten („Friedrichshain bleibt Deutsch“). Erst im Dezember letzten Jahres wurde wieder eine Sachbeschädigung begangen und Türschilder und Plakate wurden von der Hausfassade gerissen.
Mit wenigen Teilnehmer*innen haben wir natürlich auch ausbleibende Semesterbeiträge, die essentiell für Mietzahlungen etc. sind. Gleichzeitig wollen wir die Kiezspende auch in die Organisation unserer Online-Veranstaltungsreihe investieren.
Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus?
Wir planen zum März 2021 den Unterricht in kleinen Gruppen wieder aufnehmen zu können. Gleichzeitig haben wir bereits einige Veranstaltungen online angeboten und befinden uns gerade in der Planung einer längeren Online-Veranstaltungsreihe und wollen uns im Zuge dessen, um mehr technische Ressourcen kümmern, sodass diese in unseren Räumlichkeiten (unter dem Einhalten unseres Hygienekonzeptes) zum Ausleihen für unsere Teilnehmer*innen zur Verfügung stehen. Außerdem wollen wir zukünftig wieder mehr Kundgebungen in unserem Kiez gegen Anti-Schwarzen Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus organisieren.